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Positiv zu denken, ist per se nichts Schlechtes – wenn man jedoch versucht, zwanghaft glücklich zu sein und anderen Emotionen keinen Raum gibt, kann das auch den gegenteiligen Effekt erzielen.
Vorweg: Alle Emotionen & Gefühle, die wir Menschen erleben, machen irgendwo Sinn. Sie machen uns darauf aufmerksam, dass vielleicht unsere Grenzen missachtet wurden, wir jemanden wirklich vermissen, uns diese Aktion tierisch aufregt etc.
Was ist mit Toxic Positivity gemeint?
Laut Sokal, Trudel, & Babb, 2020 bedeutet Toxic Positivity oder Toxische Positivität, dass vermeintlich negativ behaftete Gefühle durch eine zwanghafte positive Denkweise unterdrückt werden. Man könnte auch Bewältigungsstrategie oder Coping Strategie dazu sagen, um etwas nicht fühlen bzw. sich damit beschäftigen zu müssen.
Bedeutet das jetzt, dass positive Gedanken schlecht sind?
Nein, eine positive und optimistische Grundeinstellung dem Leben gegenüber ist natürlich eine ausgezeichnete Grundhaltung, um auch schwierige Zeiten zu meistern. Zu einem lebendigen Leben gehört aber auch die Bandbreite an Emotionen & Gefühlen dazu, die wir Menschen eben besitzen. Die Kunst ist dann eher, diese Gefühlswellen zu surfen und nicht mit der Brechstange nur Höhenflüge zu erzwingen.
Wieso beschäftige ich mich damit?
In der gemeinsamen Arbeit mit meinen Klient*innen stelle ich immer wieder fest, dass es vielen schwerfällt auch vermeintlich negativ behaftete Gefühle zuzulassen. Diese Abwehrhaltung ist des Öfteren mit der Vorstellung des perfekten Lebens verknüpft. Im gleichen Atemzug höre ich dann häufig, dass diese Vorstellung nach dem perfekten Leben auch durch Social Media erzeugt & verstärkt wird. Denn auf Social Media gibt es meistens nur tolle Momente, die man teilt. Es impliziert irgendwie immer glücklich sein zu müssen.
Das entspricht aber nicht der Realität. Ebenso gibt es sehr viele Influencer, die versprechen, wenn du dies und jenes tust, dann steht am Ende der Rechnung Glück & Zufriedenheit. Aus meiner Sicht ist das ganze nicht so einfach und vielleicht eher frustrierend, wenn suggeriert wird, dass es doch so einfach wäre. Meine persönliche Wahrheit ist viel mehr, dass der Weg das Ziel ist.
"Die Kunst ist die Gefühlswellen zu surfen und nicht mit der Brechstange nur Höhenflüge zu erzwingen."
Toxic Positivity und vermeintliche Eigenverantwortung
Die Eigenverantwortung der Klientin*des Klienten im Beratungsprozess und diese zu fördern ist das Um und Auf in der psychologischen Beratung. Jedoch läuten bei mir die Alarmglocken, wenn Menschen im Zusammenhang mit dem Thema Glück suggeriert wird, dass Schicksalsschläge, Krisen, Krankheiten usw. möglicherweise hausgemacht sind und diese Dinge eingetreten sind, weil XY gemacht oder eben nicht gemacht wurde.
Vor allem, wenn man sich in einer Krise befindet, ist der Ansatz, dass man selbst daran Schuld hätte, meiner Meinung nach nicht förderlich. Natürlich soll daraus keine Abwärtsspirale entstehen, aber es würde nichts bringen, sich in solchen Momenten einzureden, dass eigentlich alles gut ist und womöglich noch einen Eintrag im Dankbarkeitsbuch zu schreiben.
Möglicher Umgang mit unangenehmen Gefühlen
Fragen, die du dir stellen kannst, wenn unangenehme Gefühle hochkommen oder bereits da sind:
- Welche Emotionen/Gefühle nehme ich gerade wahr? (Einfach nur mal wahrnehmen ohne zu bewerten, ob das Gefühl gut oder schlecht ist.)
- Kann ich diese Gefühle irgendwo in meinem Körper verorten? (Gefühle im Körper zu lokalisieren, erdet deren Explosivität.)
- Was passiert, wenn ich meine Aufmerksamkeit ganz auf meinen Körper lenke? (Vielleicht wandert das Gefühl in deinem Körper, vielleicht wird es schwächer oder stärker & wie sieht es dabei mit deiner Atmung aus?)
- Welches Bedürfnis steckt womöglich gerade hinter diesen Gefühlen? (Vielleicht benötigst du im Moment Ruhe & Rückzug, oder aber du sehnst dich nach Austausch & Gesellschaft …)
- Was könnte mir im jetzigen Moment gut tun / mich unterstützen? (Vielleicht ist es ein Gespräch mit einer/einem Freund*in, ein Spaziergang, Musik, eine Runde Sport/Yoga/Meditation uvm.)
Good to know...
Ebenfalls ist es hilfreich zu wissen, dass Gefühle kommen und gehen – häufig auch ganz von alleine. Solltest du bemerken, dass sich daraus eine Abwärtsspirale entwickelt, zögere nicht dir professionelle Hilfe zu holen. Niemand muss‘ da alleine durch & es ist völlig okay Unterstützung anzunehmen.
Auf der Suche nach dem Lebensglück?
Lebensglück über Nacht kann ich dir durch die Beratung leider nicht verschaffen, jedoch begleite ich dich gerne auf deinem Weg – beim Herausfinden was dir wichtig ist sowie dabei dein Leben so zu gestalten, wie es für dich stimmig ist.
Ich freue mich auf dich!