Warum wir die Welt sehen, wie wir sie sehen: Prägungen erklärt
Blogbeitrag über Prägungen aus der Kindheit von Jasmin Kumpitsch, Psychosoziale Beraterin

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Viele Menschen, die zu mir kommen, haben das Gefühl, etwas stimme nicht mit ihnen. Sie fragen sich, warum sie denken, fühlen oder handeln, wie sie es tun – und oft begegnen wir dabei dem Thema ihrer Kindheit und Jugend. Prägungen, die in dieser Zeit entstehen, wirken wie unsichtbare Fäden, die unser heutiges Erleben beeinflussen.

Deshalb nehme ich dich heute mit auf eine Reise, um mehr über dieses spannende Thema zu erfahren. Vielleicht entdeckst du dabei etwas, das dir hilft, dich selbst besser zu verstehen.

Was sind Prägungen, und wie beeinflussen sie uns?

Prägungen sind wie die Brille, durch die wir die Welt sehen. Sie entstehen aus den Erfahrungen, die wir – besonders in der Kindheit – machen, und wirken in enger Wechselwirkung mit unseren primären Bezugspersonen. Diese frühen Erlebnisse hinterlassen Spuren in unserem Nervensystem, unserem Körper und unserer Psyche.

  • Auf neuronaler Ebene prägen unsere Erfahrungen die Art und Weise, wie unser Nervensystem reagiert. Intensiv erlebte Situationen, sei es Geborgenheit oder Stress, können dauerhafte Muster hinterlassen, die beeinflussen, wie wir mit Herausforderungen umgehen.

  • Auf körperlicher Ebene zeigen sich Prägungen oft in Form von Spannung, Haltung oder Atmung. Zum Beispiel kann chronischer Stress aus der Kindheit dazu führen, dass der Körper in einem dauerhaften Alarmzustand bleibt.

  • Auf psychischer Ebene beeinflussen uns Prägungen, indem sie unser Selbstbild und unsere Sicht auf die Welt formen. Überzeugungen wie „Ich bin nicht richtig“ oder „Ich muss perfekt sein, um geliebt zu werden“ sind oft das Resultat dieser frühen Muster.

"Prägungen sind wie die Brille, durch die wir die Welt sehen."

Grundbedürfnisse und Lernaufgaben in der kindlichen Entwicklung

Um gesund heranzuwachsen, brauchen Kinder die Erfüllung bestimmter Entwicklungsbedürfnisse. Werden diese erfüllt, entwickeln sich flexible und unterstützende Muster. Werden sie jedoch nicht erfüllt, entstehen Prägungen, die uns später im Leben beeinflussen können. Das NARM-Modell (NeuroAffective Relational Model) beschreibt fünf zentrale Entwicklungsaufgaben:

01 Kontakt

Der Start ins Leben stellt entscheidende Weichen: Kinder brauchen das Gefühl, willkommen und angenommen zu sein – von Anfang an. Fehlt dieses Gefühl, können sie später Schwierigkeiten haben, sich mit sich selbst oder anderen verbunden zu fühlen.

02 Einstimmung

Kinder brauchen das Gefühl, dass ihre Bedürfnisse wahrgenommen und beantwortet werden. Dies lehrt sie, gut für sich selbst zu sorgen. Wenn diese Einstimmung fehlt, entsteht oft Unsicherheit, ob die eigenen Bedürfnisse „okay“ sind oder ob sie überhaupt wichtig sind.

03 Vertrauen

Ein Kind muss erfahren, dass es sich auf andere verlassen kann. Dieses Bedürfnis nach Sicherheit und Unterstützung ist die Grundlage für gesunde Beziehungen. Wird es nicht erfüllt, kann sich ein Gefühl von Misstrauen oder Kontrollzwang entwickeln.

04 Autonomie

Kinder brauchen Raum, um sich selbst auszudrücken und eigene Grenzen zu setzen. Sie lernen, „Nein“ zu sagen und Entscheidungen zu treffen. Wird ihnen diese Freiheit genommen, passen sie sich oft übermäßig an oder kämpfen ständig um Selbstbehauptung.

05 Liebe & Sexualität

Das Bedürfnis nach Nähe und einem gesunden Ausdruck von Zuneigung und Intimität entwickelt sich in einem respektvollen und liebevollen Umfeld. Fehlt diese Grundlage, können Gefühle von Scham oder Schwierigkeiten in Beziehungen entstehen.

Das Gute zum Schluss: Veränderung ist möglich

Auch wenn sich Prägungen tief in uns verankern, sind wir ihnen nicht hilflos ausgeliefert. Unser Gehirn bleibt ein Leben lang formbar. Das bedeutet: Wir können alte Muster überschreiben und neue, unterstützende Wege einschlagen.

Die Arbeit mit dem Nervensystem – zum Beispiel durch Atemübungen, Achtsamkeit oder körperorientierte Methoden – hilft dabei, alte Stressreaktionen zu beruhigen. Wenn wir uns dann noch bewusst mit unseren inneren Überzeugungen auseinandersetzen und neue Erfahrungen machen, können wir langfristig Veränderungen bewirken.

Es geht nicht darum, ewig in der Vergangenheit zu verweilen, sondern darum, Zusammenhänge zu erkennen und zu verstehen. Die Vergangenheit kann uns Hinweise geben, warum wir heute fühlen und handeln, wie wir es tun.

Doch der Fokus liegt im Hier und Jetzt: Welche Gefühle und Bedürfnisse zeigen sich gerade? Wie kannst du dir heute geben, was dir damals vielleicht gefehlt hat?

Ja, Veränderung braucht Zeit und Geduld. Aber jede kleine Veränderung ist ein Schritt hin zu mehr Freiheit, Flexibilität und Selbstbestimmung.

Quellen & Literatur

„Entwicklungstrauma heilen“ von Laurence Heller & Aline LaPierre

„Auch alte Wunden können heilen“ von Dami Charf

Gemeinsame Schritte

Du erkennst dich wieder und wünscht dir Veränderung? Melde dich gerne für eine Coaching- oder Beratungseinheit, um die nächsten Schritte in deinem Wachstumsprozess gemeinsam zu gehen.

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